Ein Burnout, das keines war
Nachdem ich schlechte Erfahrungen mit der Anstellung einer Lehrperson nach einem Burnout gemacht hatte (in diesem Artikel beschrieben), stellte ich trotzdem wieder eine Lehrperson ein, die bereits im Bewerbungsbrief erwähnte, dass sie ein Burnout gehabt hatte. Diesmal erwies sich der Entscheid als richtig.
Ein zuversichtlicher Start
Die Lehrperson berichtete im Bewerbungsgespräch über ihr Burnout und die Schritte, die sie unternommen hatte, um wieder gesund zu werden, zu Kräften zu kommen und um ein Burnout in Zukunft verhindern zu können. Die Verantwortungsübernahme dieser Lehrperson und ihre Absicht, mit einer Anstellung von unter 50% zu starten, machten uns zuversichtlich. Aufgrund der schlechten Erfahrungen mit einer anderen Lehrperson wollten wir trotzdem auf Nummer sicher gehen und zuerst einen befristeten Vertrag machen. Ab der Anstellung waren wir in regelmässigem Austausch, die Zusammenarbeit funktionierte tadellos und so kam es nach einem Jahr zu einer unbefristeten Anstellung. Die Lehrperson wurde von allen sehr geschätzt.
Foto von Cytonn Photography auf Unsplash
Und es kam doch ganz anders
Nach etwa zwei oder drei Jahren war sie einmal für etwa zwei Wochen krank. Und nach dieser Krankheit änderte sich vieles in ihrem Leben: Ärztliche Abklärungen hatten ergeben, dass sie MS hatte und es stellte sich heraus, dass das, was sie vor der Anstellung bei uns für ein Burnout gehalten hatte, nicht ein Burnout im klassischen Sinne war, sondern ein erster Schub der Krankheit MS. Nach einigen weiteren Jahren verliess sie unsere Schule.
Diese Erfahrung - vom Anfang bis zum Schluss -, bestätigte meine Überzeugung, auch als Arbeitgeber transparent zu sein und Bedenken oder Befürchtungen von Anfang an anzusprechen. Und gleichzeitig bestätigte diese Erfahrung auch, dass die Anstellung von Menschen mit Burnout-Erfahrung durchaus erfolgreich verlaufen kann.
Wenn man auf der Grundlage der Transparenz bezüglich Anliegen, Hoffnungen, Bedenken und Ängsten Lösungen finden kann, mit denen beide einverstanden sind, sind dies die besten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.
Kündigung ohne Burnout
In einem anderen Fall hatte ein Mitarbeiter im Bewerbungsverfahren nichts darüber gesagt, dass er vor der Anstellung bei uns ein Burnout gehabt hatte. Er war motiviert, fröhlich, humorvoll und umgänglich. Doch bereits nach kurzer Zeit kam es zu vielen Auseinandersetzungen mit Schüler:innen und auch mit deren Eltern. Später kamen Versäumnisse in der Anleitung von Auszubildenden hinzu. Diese wurden von mir angesprochen und im Verlauf dieser Gespräche fragte ich nach, ob der Anstellung bei uns nicht ein Burnout vorangegangen war. Der Mitarbeiter gab dies dann zu.
Im Verlauf dieser Gespräche schlug ich eine Zielvereinbarung vor. Schliesslich entschied sich der Mitarbeiter, die Stelle bei uns zu kündigen, weil er eine Zielerreichung nicht als realistisch erachtete.
Was ich an diesem Mitarbeiter unter anderem geschätzt habe: Er hatte aus dem ersten Burnout gelernt. In der Konfrontation mit der fehlenden Passung von Kompetenzen und Anforderungen entschied er sich, eine passendere Stelle zu finden. Für mich blieb trotzdem ein fahler Nachgeschmack, weil er sein vorheriges Burnout nicht transparent gemacht hatte. Natürlich weiss ich, dass man dieses nicht transparent machen muss und dass das offene Ansprechen auch zu einem negativen Anstellungsentscheid führen kann. Trotzdem würde ich in der Tendenz empfehlen, diesbezüglich im Bewerbungsverfahren offen zu sein.
Wie sollen Führungskräfte im Bewerbungsverfahren mit dem Thema Burnout umgehen?
Man darf als Führungsperson eine Kandidatin/einen Kandidaten nicht fragen, ob sie/er schon ein Burnout hatte und ich finde das auch richtig so. Was man als Führungsperson im Bewerbungsverfahren tun kann, ist, Kandidat:innen aufzuzeigen, wie man in der Institution mit bestimmten Themen umgeht. Dies können mündliche Erläuterungen sein oder auch Konzepte oder Leitfäden. Dadurch können Kandidat:innen ermutigt werden, auch schwierige Themen anzusprechen.
Welche Erfahrungen hast du gemacht?
Und wie steht es um deine Gefährdung für ein Burnout? Wenn du das herausfinden willst, kannst du hier eine kurze Selbsteinschätzung vornehmen.
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