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... dann darfst du am Wochenende nicht zur Mamma.

Dies ist eine Strafe, die sich eine Erzieherin eines Kinderheimes für ein achtjähriges Kind ausgedacht hat. Vor 50 Jahren? Nein, im Jahr 2024 in der Schweiz. Das Kind sieht seine Mamma jedes zweite Wochenende und wenn es mit ihr zusammen ist, hängt es förmlich an ihr. Wenn es nicht bei ihr ist, vermisst es sie und die Mutter vermisst ihr Kind. Die Mutter hat weitere Kinder, die sie unter schwierigen Umständen aus ihrer Obhut geben musste.

 

Diese «Konsequenz» wurde dem Kind in einem Gespräch mitgeteilt, in welchem die Betreuerin des Kinderheims, die Mutter und Vertreter:innen der Sonderschule anwesend waren. Grund für das Gespräch war eine Eskalation in der Sonderschule, in welcher das Kind einen Schaden angerichtet hatte.


Wenn ich an diese Strafe denke, bin ich fassungslos, schockiert und unendlich traurig. Ich könnte losheulen. Mir sind Schutz und ein liebevoller und respektvoller Umgang wichtig - auch in Konflikten und wenn es darum geht, einen Schaden wieder gutzumachen.



Ich weiss nicht, ob so eine Strafe gesetzlich in Ordnung ist. Ich finde, sie dürfte es nicht sein. Diese Situation zeigt deutlich die grundlegenden Probleme, die mit Strafen als Erziehungsmittel verbunden sind.


Strafen bieten keine langfristigen Lösungen

Strafen sind kein förderliches Erziehungsmittel - auch wenn sie manchmal kurzfristig wirken. Strafen schaden jeder Beziehung und sie lösen kleinere oder auch grosse Traumata aus.

 

Wenn wir ein Kind bestrafen, zielt unsere Handlung darauf ab, dass es leidet. Wie können wir ernsthaft wollen, dass jemand leidet? Wie können wir denken, dass dies einen förderlichen Einfluss haben kann? Ein Kind braucht nicht Grenzen um der Grenzen willen, sondern es braucht (u.a.) Klarheit, Verlässlichkeit, Orientierung und einen liebevollen Umgang. Ein Kind soll erfahren, was seine Handlungen bei anderen bewirken und es soll und darf sehen, dass andere Menschen Grenzen ziehen, um sich zu schützen.

 

Stell dir vor, eine vorgesetzte Person würde dich bestrafen mit Lohnabzug, mit der Weigerung, mit dir zu reden oder gar mit Schlägen: Wie könnte dies die Beziehung zu dir positiv beeinflussen? Wie könnte dies dazu beitragen, dass Vertrauen aufgebaut wird, deine Selbstverantwortung gestärkt oder deine Bereitschaft zu Kooperation und Rücksichtnahme gestärkt wird? Es ist unmöglich.

 

Wege zu einer förderlichen Erziehung

Wir müssen Strafe als Erziehungsmassnahme ersetzen. Aber wie?

  • Zuerst braucht es, dass wir uns in schwierigen Momenten eingestehen, dass wir uns hilflos fühlen, wir verletzt oder auch einfach traurig sind.

  • Wir können unserem Gegenüber sagen, wie es uns geht und was wir brauchen.

  • Wenn wir handeln und Konsequenzen ziehen, so setzen wir uns mit diesen für etwas ein (z.B. den Schutz anderer) und nicht gegen das Kind.

 

Welche Erfahren hast du als Mutter, Vater, Lehrperson, ... mit Strafen gemacht? Hast du dich dabei je gut gefühlt? Schreib mir deine Antwort als Kommentar zum Artikel.


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