Weisst du, wie es sich anfühlt, wenn jemand wirklich empathisch ist? Und weshalb soll das ein Geschenk sein? In diesem Beitrag möchte ich dir zeigen, dass Empathie etwas ist, von dem du gerne mehr hättest: für dich und für andere.
Was ist Empathie?
Stell dir vor: Sandra teilt sich das Büro mit ihrer Kollegin Monika. Diese kommt ins Büro und flucht über ihre Chefin: «Diese blöde Kuh. Jetzt hat sie meinen Antrag immer noch nicht gelesen. Dabei habe ich so viel Zeit investiert.» Wie könnte Sandra nun empathisch reagieren? Um diese Frage zu beantworten, möchte ich zuerst erläutern, was ich mit Empathie meine. Ich beziehe mich bei Empathie auf die Definition, die in der Gewaltfreien Kommunikation verwendet wird: Empathie ist, wenn man sich liebevoll-suchend den Gefühlen und Bedürfnissen einer anderen Person zuwendet.
Das heisst, wenn ich empathisch bin,
rede ich nicht über meine Gefühle («Ach, du tust mir wirklich leid.»)
rede ich nicht über meine Gedanken («Die Chefin will sicher diesem Problem aus dem Weg gehen.»)
sage ich nicht, was ich von der anderen Person oder der Situation halte («Ja, die Chefin ist einfach egoistisch. Die kümmert sich nicht um das, was uns wichtig ist.»)
sage ich nicht, was die andere Person nun tun soll. («Jetzt nimm das doch nicht so ernst. Du wusstest ja von Anfang an, dass es so kommen wird.»
Liebevoll-suchend nach Gefühlen und Bedürfnissen fragen
Sandra weiss nicht, wie es Monika geht und um welche Bedürfnisse es ihr geht (beides kann sie nur vermuten). Also stellt Sandra ihr beispielsweise folgende Fragen (= Empathie):
«Bist tu frustriert (Gefühl), weil dir Verlässlichkeit (Bedürfnis) wichtig ist?»
«Ärgerst du dich (Gefühl), weil du gerne möchtest, dass es mit der Arbeit vorwärts geht (Bedürfnis nach Leichtigkeit oder Zeit sinnvoll nutzen)?»
«Bist du irritiert (Gefühl), weil du möchtest, dass gesehen wird (Bedürfnis, gesehen zu werden), wie wichtig dieser Antrag für dich ist?»
Wenn Sandra einen dieser Sätze sagt, wird Monika darauf reagieren. Entweder, sie sagt: «Ja, genau …» und ergänzt dann vielleicht noch mehr. Oder Monika sagt: «Nein, mir geht es vielmehr um …» und dann führt sie in ihren Worten aus, worum es ihr geht.
Sandra kann jetzt genau gleich weitermachen: Aus den Aussagen von Monika entstehen bei ihr Ideen, wie sich Monika fühlen und um welche Bedürfnisse es ihr gehen könnte. Sandra macht das so lange, bis Monika die Vermutungen nur noch bestätigt und nicht weitere Erklärungen von sich gibt. Meine Erfahrung zeigt, dass sich Monika bis dann schon ziemlich beruhigt hat, weil sie gehört worden ist.
Wiedergeben, was ich gehört habe
Nehmen wir an, es habe sich in dieser Situation herausgestellt, dass Monika frustriert ist, weil ihr Verlässlichkeit wichtig ist und sie zugleich traurig ist, weil sie Unterstützung braucht und sich wünscht, dass ihre Chefin sie in Bezug auf ein Projekt unterstützen würde. Wenn Sandra empathisch bleiben möchte, tut sie nun folgendes: Sie wiederholt die Gefühle und Bedürfnisse von Monika.
Sie sagt:«Du bist frustriert, weil dir Verlässlichkeit wichtig ist.» Und vielleicht ergänzt sie: «Das verstehe ich.»
«Und du bist traurig, weil du Unterstützung brauchst und am liebsten wäre es dir, die Chefin könnte dich in Bezug auf dieses Projekt unterstützen und die nötigen Kosten sprechen?»
Meine Erfahrung zeigt, dass in solchen Situationen Monika von sich aus beginnt, Ideen aufzuzählen, wie sie jetzt mit dieser Situation umgehen könnte. Falls sie das nicht tut, kann Sandra sie fragen (falls sie das möchte), ob es etwas gibt, das sie für sie tun könnte. Wenn jemand in der soeben beschriebenen Art und Weise empathisch sein kann, ist das ein grosses Geschenk. Wie häufig erlebst du, dass dir jemand zuhört und sich ernsthaft dafür interessiert, wie es dir geht und was du brauchst? Viel häufiger erhalten wir Meinungen, Diagnosen, Tipps und Tricks oder es werden Geschichten zum Besten gegeben. Wie sieht es bei dir aus: Bist du empathisch? Oder möchtest du gerne empathischer sein? In einem nächsten Artikel gehe ich der Frage nach, ob man einfach empathisch geboren wird oder ob man das lernen kann - und wenn ja: wie?
Falls du lernen möchtest, wie du empathischer werden kannst, kannst du das bei mir in einem Coaching oder in einem Kurs lernen. Du kannst dich auch einfach bei mir melden. Dann schauen wir gemeinsam, welches der passende Weg für dich ist.
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